Abgeschrieben von Elena Klassen; nachbearbeitet und korrigiert von Willi Frese, Willi Risto und Alexander Wiens
Am Trakt – Aulie-Ata – USA Briefe; Hinweis von Irene Plett. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung von The Mennonite Library und Archiv (MLA) in Kansas, USA. Das MLA hat im Bestand alte Briefe aus dem Nachlass der Familie Bartsch.
Link zu MLA Briefe: Am Trakt – Aulie-Ata
Die in dem Link angezeigten Briefe wurden vom Trakt nach Aulie-Ata, Turkestan (Romanowka, Köppental, Hohendorf, Gnadenthal) und umgekehrt, unterwegs im Großem Trek (Serabulak), oder aus Aulie – Ata nach Amerika verschickt. Da in vielen Briefen kein Datum steht, ist die Reihenfolge der veröffentlichen Briefen falsch.
Die Briefe stammen aus der Zeit 1882 – 1896 (erster Teil, es folgen noch zwei Teile). Die sind in altdeutscher Schrift verfasst. Je nach Zeit und Möglichkeit, werden wir die transkribieren und veröffentlichen.
Wir versuchen die Briefe originalgetreu abzuschreiben, doch es gibt einzelne Wörter, die man nicht eindeutig erkennen kann. Entweder sind es Gegenstände, die uns nicht bekannt sind, oder Regionalwörter. Nach Möglichkeit sind auch Grandma Nr. und weitere Kommentare eingefügt.
Die Briefe selber sind im Link nicht nummeriert, so haben wir eine eigene Nummerierung für jeden Brief eingefügt und für jede Seite wurde die Nummerierung aus dem Web (s. im Link ganz oben rechts) übernommen.
Romanowka, den 23. Februar 1S. 007 Liebe Schwägerin und Schwager! Ich schlug gerade den Spruch auf. Wo der Herr sagt, Ich will dich nicht verlassen noch versäumen, Ebräer 13, v. 5. O welch ein schöner Trost, nicht wahr liebe Geschwister? Nur müssen wir, klagen, o Herr lass es dem Feind nicht gelingen, der stets auf der Lauer steht, um uns wieder abzuziehen. Meine Bitte ist, o Herr gib mir scharfe Augen, dass ich Ihn, den Feind auch stets sehe, wenn er in Lichts-Gestalt kommt. Wir feiern heute Bußtag. Nachmittag waren wir in der Kirche, wurde auch Gebetsstunde gehalten. Nach Neujahr hatten wir auch eine Woche alle Abend Gebetsstunde. Es waren für mich sehr schöne Stunden. Liebe Geschwister! Das ihr uns unsere Schuld gestrichen habt, hat uns sehr gefreut. Vielen, vielen Dank dafür. Meine Bitte war gleich, O Herr vergelte Du es ihn, mit himmlischen Gütern, die in Ewigkeit nicht vergehen. Wir hätten nur von dir liebe Schwägerin sehr gerne paar Zeilen gehabt. Wie geht es dir? Schwägerin Justchen2 sieht es auf der letzten Photographie so krank, ist Sie auch? Aber ist Sie so gedrückt. Es geht hier auf der Erde, durch trübe und durch helle Tage. Der Herr gebe Euch dort, und uns hier, einen frohen Auferstehungsmorgen. Unsere beiden reisenden, Onkel H. Epp und Neffe Jakob, sind noch dort bei Euch, wäre sehr gerne auch mal zugegen. Br. Wilhelm Penner kam paar Tage später hier an, wie dein Brief liebe Schw.3 S. 008 (links) Heute hat er in Orloff gepredigt. Die Zeit ist ernst, und wird immer ernster. O Jesu lass uns genug Oel in unsere Lampen haben, wenn Du kommst. Vor mehreren Wochen wurde der älteste von junge Joh. Reimer, Nicolaipol, von einer Pappel4 5 totgeschlagen, lebte nur noch einige Stunden und gab den Geist auf. Wie Ihm gefragt wurde, ob er auch selig sterbe, habe er geantwortet, wer glaubt, wird selig. Wie wir hörten, habe er sich in vergangenem Jahr bekehrt. Wie schnell kann der Tod kommen. Hier diese beiden kranken Schwestern, sehen sich schon so sehr ausgelöst zu sein. Schwester Abrams und Neumann. Bei Neumanns sind schon immer Nachtwache. Bei Abrams meinen Sie noch so fertig zu werden, sonst bin ich gleich bereit auch zur Nacht zu kommen. Auf meinem6 Geburtstage, den 7ten Februar, waren Wilhelm Penner und die Geschwister und Papa hier, da hielt Br. Penner eine bl. Abendstunde, es ging so schön. Wir waren Sonnabend, abends herüber gegangen, nach Penners, da zeigten sie uns die vielen Photographien von dort. Joh. Penners mit all ihren Kindern, auch die Photographie von der Konferenz, es machte mir recht Freude unsere Freunde da heraus zu suchen. So wie Onkel H. Epp und dicht neben Ihm Onkel Joh. Epp mit dem weißen Haar, und bisschen |
weiter stand Jakob. Auch im Bundes Boten ist das Bild, da haben wir aber Alle nicht richtig, S. 008 (rechts) weil es so undeutlich ist. Morgen ist Schwägerin7 D. H. ihr Geburtstag den 24ten und übermorgen den 25ten ist unser Hochzeitstag8, es sind dann schon 18 Jahre, wo die Zeit so flieht. 18 Jahre war ich alt, wie wir uns verheiratet hatten, jetzt bin ich 36 Jahre alt. Und nur allein Gott weiß, ob ich noch 18 Jahre zu leben habe, oder ob die Welt schon nicht mehr so lange steht. Unsere Zeit stehet in Gottes Händen. Was die Zeit uns bringen wird, wissen wir nicht, aber noch viel Ernstes das wissen wir. Gott hat uns verheißen nicht zu verlassen, und darum können wir immer wieder Muth fassen, wenns auch oft so dunkel vor Augen wird. Geht es und nicht oft so wie Petrus? das wir ausrufen müssen, Herr hilf mir, ich verderbe? Schwager P.H9. ist jetzt aus Werno10 wieder zuhause, Franz war die ganze Zeit recht krank wie er weg war. Gleich nach Neujahr wurde unsere Anna11 8 Jahre alt, krank. Erst hatte sie Feitstanz12 und noch Reumatismus in den Beinen, jetzt ist sie aber seit 14 Tagen schon wieder auf, es war für uns eine gesegnete Zeit. Gott sei Dank sie war so geduldig, wie Sie anfing aufzustehen S. 009 konnte sie noch mehrere Wochen gar nicht allein gehen das ich sie aus einer Stube in die andre tragen musste. Jetzt geht es aber schon, nur muss sie noch bisschen hinken, wir haben sie 2-mal mit dem Lebensweiker spicken lassen. Sie weinte wenn sie so Schmerzen hatte, Schwester Justine ihre Krankheit ist doch noch schlimmer wie meine. Justine13 ist schon bisschen größer wie ich, sie wird zum Juni 14 Jahre alt. Sie ist wie ein geschlossener Blumenknospen, wenn sie wird aufblühen, wenn nicht hier, dann in der Ewigkeit o wie wird die Freude doppelt für sie sein. Sie spricht oft davon, ich werde mich freuen, wenn der liebe Heiland mich wird in den Himmel holen, da wird es sehr schön sein. Sie spielt gerne mit kleine Kinder, weil sie von größeren nicht geachtet wird, auch nicht harmoniert weil sie so wenig ist14. Es ist uns aber doch lieber sie zuhause haben, als in die Anstalt bringen. Die Kraft und Geduld bekommen wir jeden Tag aufs Neue, sie zu tragen. Nun liebe Geschwister seid von uns viele Male gegrüßt, auch eure Kinder und bei Joh. Epps und alle Cousinen mit ihren Kindern. Bei Joh. B. grüßt auch sehr schickt vielleicht unsere Briefe hin. Grüßt auch sehr unsere beiden Onkel Epp und Jakob. verbleibe in treuer Liebe eure Schwägerin und Schwester in Christo Justine Hamm15 |
1 Willi Frese. Dieser Brief wurde 1906 von Justina (Epp) Hamm GRANDMA #1414549, (1870-1924), vermutlich an ihren Schwager und Schwägerin Justine (Hamm) GRANDMA #311854 und Johannes Kopper GRANDMA #311853 geschrieben. Der Brief wurde hier zufolge am 23 Februar 1906 geschrieben (1870+36 Jahre=1906). Hochzeitstag bei GM falsch eingetragen. Statt 7 Februar (vermutlich wurde hier ihr Geburtstag eingetragen), muss 25 Februar 1888 stehen. |